Erinnerungen als Motor

28.09.2015

„Du bist, woran du dich erinnerst!“. Wenn diese prominente Aussage stimmt, ist jetzt eine gute Zeit, von dieser Erkenntnis zu profitieren. Denn der zurückliegende Sommer kann eine Quelle an positiven Erinnerungen und schönen Erlebnissen sein. Das, woran wir uns erinnern, ist ein Spiegelbild unserer gegenwärtigen Gedankenausrichtung. Wir erinnern uns an das, was wir unbewusst oder auch bewusst in unserem zukünftigen Leben noch erwarten.

Erinnerungen wirken wie ein selbstregulierendes System: Wir suchen immer wieder die Umstände und Personen auf, die unsere Erinnerungen und somit auch Erwartungen bestätigen. Menschen mit starken Motiven und Zielen suchen automatisch nach Erinnerungen, die früher erlebte Erfolge zurückrufen, um sich daran zu erfreuen und neu zu motivieren. Ein beträchtlicher Teil der Menschen ist aber anders gepolt. Sie erinnern sich an Ereignisse, die schwierig, gefährlich und frustrierend waren. Diese Gruppe hat ihre Erwartungshaltung an die Zukunft nicht auf Wunscherfüllung, Anerkennung, Erfolg, Spaß und Glück gelenkt, sondern viel mehr auf das Vermeiden von unangenehmen Erlebnissen.

In diesem Mentaltipp erfahren Sie, wie Sie eine optimistische Gedankenausrichtung erlangen und diese verstärken.

Stellen Sie sich vor, Sie müssen sich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden. Die eine Möglichkeit bietet eine interessante Chance, ist aber mit einem Risiko verbunden. Die andere Möglichkeit ist, diese Chance nicht zu ergreifen. Obwohl sich diese Möglichkeit an die Zukunft richtet, wird auch Ihr Gedächtnis aktiviert und schaut in der Vergangenheit nach, ob es eine vergleichbare Situation schon mal gab. Als Metapher kann man sich im Gehirn verschiedene Aktenschränke mit Ordner vorstellen. Ihr Gedächtnis-Mitarbeiter marschiert also zu diesen Aktenschränken, zieht einen Ordner heraus und präsentiert Ihnen den Inhalt. Nun werden Sie sich höchstwahrscheinlich nach diesem Inhalt orientieren und fällen so Ihre Entscheidung. Wenn Ihnen ein Negativerlebnis gezeigt wird, werden Sie dieses Erlebnis vermeiden wollen und entscheiden sich gegen eine Chance. Wenn Ihnen ein Erfolgserlebnis nach dem Ergreifen einer früheren Chance gezeigt wird, dann werden Sie es auch jetzt wieder versuchen. Der Gedächtnis-Mitarbeiter hat allerdings nicht die Aufgabe, eigenständig zu überlegen, welchen Ordner er Ihnen präsentieren sollte. Er richtet sich nach dem, was Sie sehen möchten. Das spürt er intuitiv und geht deshalb immer zu den gleichen Schränken. Das heißt nicht, dass es sonst keine Schränke mit anderen Ordnern geben würde. Das bedeutet nur, dass Sie sich bisher von einer bestimmten Kategorie an Ordnern öfter leiten haben lassen und Ihr Gedächtnis-Mitarbeiter diese jetzt für die interessantere Kategorie hält.

Mit jeder weiteren Entscheidung, die wir aufgrund dieser Abgleiche in unseren Aktenschränken fällen, verstärkt sich dieser Trend. Und wir fällen fast jede Entscheidung nach diesem Prinzip, da wir in jeder Situation intuitiv nach vergangenen Situationen suchen, die eine Ähnlichkeit aufweisen. Für ein abwechslungsreiches Leben kann dieses Muster zum Verhängnis werden.

Nachfolgend möchte ich eine Möglichkeit aufzeigen, wie wir eine neue Kategorie an Ordner anlegen und unseren Gedächtnis-Mitarbeiter immer wieder dorthin schicken. Dieser Ordner beinhaltet unsere alltäglichen Highlights (ja, die gibt es!) sowie alle kleinen und großen Erfolgserlebnisse. Dieser Ordner kann die Aufgabe erfüllen, den Weg in unserem Gedächtnis dorthin attraktiver zu machen, damit er öfter benutzt wird. Und falls dies ohnehin schon der Fall ist, kann dieser neue Ordner diesen bereits vorhandenen Trend weiter verstärken.

Um diesen neuen „Gehirn-Ordner“ anzulegen,  führen Sie ein persönliches Highlight-Tagebuch. Ob diese Highlights durch Sie oder durch andere Umstände entstanden sind, ist nicht wichtig. Es geht nur um das Gefühl, das Ihnen dieses Ereignis vermittelt hat. Das Beste, was Sie heute erlebt haben, wird als Tageshighlight eingetragen. Am Ende der Woche betrachten Sie Ihre sieben Tageshighlights, spüren noch einmal in jedes einzelne Ereignis hinein und wählen das Wochenhighlight. Das setzen Sie ein Monat lang so fort und betrachten am Ende des Monats die vier Wochenhighlights, spüren noch einmal in jedes einzelne Ereignis hinein und wählen das Monatshighlight. Sie können das auch bis zum Jahreshighlight fortführen. Eine typische Reaktion auf diese Übung lautet: „Es gibt aber nicht jeden Tag ein Highlight.“ Haben Sie sich das auch gedacht? Ich meine, es gibt jeden Tag etwas, das man hier eintragen kann. Wenn es nichts ganz großes ist, gibt es zumindest eine Kleinigkeit.

Bevor Sie mit diesem Tagebuch beginnen, können Sie den zurückliegenden Sommer revue passieren lassen und sich an all die Ereignisse erinnern, die Sie besonders intensiv und angenehm empfunden haben. Diese Erlebnisse tragen Sie zuerst ein, um gleich vom Start weg mit einem positiven Erfahrungsschatz diese Übung zu beginnen.

Durch dieses Tagebuch und den wöchentlichen Rückblick schicken Sie Ihren Gedächtnis-Mitarbeiter immer wieder zu diesem Ordner, in dem all diese Ereignisse abgelegt sind. Das bedeutet, dass Sie dadurch auch immer wieder an diese erlebten Gefühle erinnert werden und auch im Nachhinein sich dadurch gut fühlen. Da Sie die Übung fortführen, erwarten Sie auch in der Folgewoche wieder positive Erlebnisse. Ihrem Gedächtnis-Mitarbeiter sagen Sie dadurch, dass dieser Ordner nun der Interessantere ist und er bei zukünftigen Situationen verstärkt dort nachschauen sollte. Diese Denkweise wird irgendwann zur Gewohnheit und das, was Sie noch vom Leben erwarten, sind dann Highlights, Erfolgserlebnisse und ganz einfach tolle Gefühle. Und diese Erwartungshaltung ermöglicht Ihnen einen Handlungsspielraum, der genau das in Ihr Leben bringt.